Ein Referenzrahmen für plurale Ansätze   
     zu Sprachen und Kulturen

Schweiz

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Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen

Das Konzept 'Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen' meint Lehr- und Lernverfahren, die zugleich mehrere Sprachen bzw. sprachliche Varietäten und Kulturen und einen übergreifenden Kompetenzbegriff einbeziehen. 

Den pluralen Ansätzen stehen traditionell einzelzielsprachliche Konzepte gegenüber. Diese fokussieren nur auf eine einzige Zielsprache und/oder eine bestimmte Zielkultur. Solche einzelzielsprachlichen Ansätze stehen nicht im Einklang mit der lernerseitig vorhandenen Mehrsprachigkeit des mentalen Lexikons. Sie wurden besonders durch die direkte Methode, dann durch die strukturalen, dann kommunikativen Ansätze aufgewertet, als Übersetzungen sowie jeder Rückgriff auf die Erstsprache aus dem Lehrprozess verbannt wurde.

Wir unterscheiden vier plurale Ansätze:

Eveil aux langues- Ansatz

Gemäß der im Rahmen von EU-Projekten entwickelten Definition, findet Eveil aux langues statt, wenn im Unterricht zum Teil Lehr- und Lernaktivitäten zu Sprachen durchgeführt werden, deren Vermittlung traditionell nicht zum schulischen Fächerkanon zählt. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich der Eveil aux langues-Ansatz nur mit außerschulischen Sprachen befassen würde. Er bezieht prinzipiell alle Sprachen und sprachlichen Varietäten ein, darunter die Schulsprache, die Schulfremdsprachen, die Umgebungs- bzw. Herkunftssprachen. Auf Grund der großen Anzahl der potenziell betroffenen Sprachen - häufig mehrere Dutzend - darf dieses Konzept als die umfassendste Komponente der pluralen Ansätze gelten. Sie stellt ursprünglich eine Art Wegbereiter dar, der Schülern bereits am Anfang ihrer Schullaufbahn die Vielfalt der Sprachen (einschließlich ihrer eigenen) bewusst macht. Sodann ist der Ansatz eine Strategie zur Förderung von Sprachenbewusstheit, schließlich eine Art für die Grundschule entwickeltes 'Propädeutikum' für das weitere Sprachenlernen.

Hervorzuheben ist die Verbindung des Eveil aux langues-Konzepts mit dem britischen Language Awareness-Konzept Eric Hawkins aus den 1980er Jahren (vgl. Hawkins 1984 und James & Garret 1992). Allerdings lässt sich Eveil aux langues heute als eine Untereinheit des Language Awareness-Ansatzes betrachten, der auch Arbeiten Raum gibt, die eher psycholinguistisch als pädagogisch orientiert sind, was nicht mehr zwangsläufig die Auseinandersetztung des Lernenden mit einer Vielzahl von Sprachen beinhaltet. Aus diesem Grund wurde für diesen Ansatz der englische Begriff Awakening to languages gewählt.

Interkomprehension zwischen nah verwandten Sprachen

Die Interkomprehension zwischen nah verwandten Sprachen zielt entweder auf den parallelen Erwerb ein und derselben Sprachenfamilie (germanische, romanische, slawische Sprachen u.s.w.) oder aber auf den Erwerb einer Zielsprache unter starkem Rückgriff auf mutter-, zweit- oder fremdsprachliches Wissen in (einer) anderen (nah)verwandten Sprache(n).  Auch in diesem Ansatz werden systematisch die Ähnlichkeiten innerhalb derselben Sprachenfamilie für den Aufbau vor allem rezeptiver Kompetenz genutzt. Seit den 1990er Jahren stand die Interkomprehension im Zentrum innovativer Projekte. Sie betraf sowohl Studierende an Hochschulen als auch Schüler der Sekundarstufe, und zwar mit unterschiedlichen Schwerpunkten in romanischen Ländern, aber auch in Deutschland.

Im schulischen Unterricht ist die Interkomprehension in unterschiedlichem Umfang implantiert. Eine besondere Rolle spielt sie im Bereich der Tertiärsprachendidaktik (z.B. Italienisch oder Spanisch in Deutschland nach Englisch- oder Französischunterricht). Empirische Studien zeigen, dass die inzwischen entwickelte Interkomprehensionsdidaktik  eine starke Strategie darstellt, um Sprachlernkompetenz zu befördern.

Interkulturelles Lernen

Das Interkulturelle Lernen übt einen breiten Einfluss nicht nur auf die Sprachdidaktiken aus und darf daher im REPA als bekannt vorausgesetzt werden, auch wenn das Konzept längst nicht immer in Übereinstimmung mit seinen Grundprinzipien verwendet wird. 

  • Byram, M. (ed.) ( 2003). Intercultural competence, Council of Europe ; Strasbourg.
  • Byram, M. (2010). Linguistic and intercultural education for Bildung and citizenship. The Modern Language Journal 94(ii): 317-321
  • Zarate G, Gohard-Radenkovic, A., Lussier, D. and Penz, H. (2003). Médiation culturelle et didactique des langues. Graz/Strasbourg : Centre européen pour les langues vivantes / Conseil de l’Europe. www.ecml.at

Integrative Sprachendidaktik in unterschiedlichen gelernten Sprachen

Die Integrative Sprachendidaktik will lernökonomische Effekte durch Vernetzung von Sprach- und Lernerfahrungen mit einer begrenzten Anzahl von Sprachen erzielen - entweder um umfassende Kompetenzen oder um in sehr kurzer Zeit erreichbare rezeptive Kompetenzen in bestimmten Zielsprachen aufzubauen.

Ihre Methodik besteht in einer sprachenübergreifenden Steuerung, die die Erstsprache und/oder zwei gut beherrschte Fremdsprachen und das lernerseitig vorhandene Wissen über das Lernen von Sprachen als Sprungbrett für den Erwerb weiterer Fremdsprachen nutzt. Sie greift dabei, soweit möglich, auf alle einem Lerner verfügbaren Sprachen und dessen relevantes Vorwissen zurück. In diese Richtung weisen bereits Arbeiten aus den 1980er Jahren von E. Roulet. In enger Anbindung hierzu steht Deutsch als Fremdsprache nach Englisch (DaFnE) (vgl. Arbeiten zur Tertiärsprachendidaktik). Man begegnet dem integrativen Ansatz auch gelegentlich in der bilingualen (plurilingualen) Bildung, die das Ziel verfolgt, die Verbindung von Unterrichts- und Fremdsprachen für den Aufbau einer mehrsprachigen Kompetenz zu optimieren.

 “Deutsch als Fremdsprache nach Englisch (DaFnE)”